Aby WARBURG (1866-1929)

Kulturhistoriker und Begründer der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg in Hamburg, wo Bing, Saxl, Cassirer und Panofsky aufgenommen wurden. Nach seinem Tod und während der Machtergreifung der Nationalsozialisten geriet die jüdische Institution unter Druck. Sie siedelte nach London um und wurde hier als Warburg Institute jahrzehntelang von Ernst Gombrich geleitet.
Warburg erfand in einer für seine und für unsere Zeit einzigartige "Geschichte von Bildern", welche aus den Konzepten von "Nachleben" sowie aus der "Pathosformel" entstanden war.
Wenn es als sicher gelten kann, dass das Konzept des Nachlebens auf die "Kontinuität" der Kulturform der Antike gerichtet ist, dann muss für Warburg diese Bewegung mit psychologischen und expressiven Herausforderungen zusammenlaufen, sowie mit Aufbau- und Transformationsprozessen, die in kongenialem Verhältnis zu Kunstwerken und Bildern stehen, die die Theorie der Pathosformel unterstreicht.
Infolgedessen sind die Formen, die für Warburg von Interesse sind, Ergebnisse eines langen Sedimentationsprozesses, die psychische Energiekonserven bilden, welche die Fähigkeit haben, in unzeitgemäßer Weise in Kunst und Kultur späterer Epochen aufzutauchen. Ein Beispiel hierfür ist die Nymphe, die in Ghirlandaio’s Die Geburt des Heiligen Johannes (Florenz, Santa Maria Novella, 1486-1490) erscheint.
So konnte Warburg Verknüpfungen von Kontinuität bzw. Transformation zwischen Laokoon, den Schlangenritual der Hopi-Indianer und einer Figur des Blitzes in einem Bild eines westlich erzogenen Indianerkindes feststellen. Darüberhinaus konnte er auch eine Beziehung sehen zwischen der Gebärdensprache des Mordes an Orpheus und der Körperhaltung eines zeitgenössischen Golfspielers.
In seiner ersten Studie über die Geburt der Venus und der Frühling von Botticelli (1893; Port. Übers. 2012) schlägt Warburg neue methodologische Fragen vor, indem er die Beziehungen zwischen schriftlichen Dokumenten und bildeigenen Bewegungen erforscht, zwischen historischer Interpretation und visueller Erfahrung.
Seine Bibliothek und sein Bilderatlas Mnemosyme sind die letzten Schritte seines Projektes. Hier riskiert er den Anachronismus der historischen Zeit und die Wirkung der Bilder miteinander zu verknüpfen, sowie ihre gegenseitigen intensiven Transformationen zu erforschen.
(JFF, MPS, VS, rIHA)

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