Hans BELTING (geb. 1935)

Hans Belting ist Kunsthistoriker und emeritierter Professor an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Er interessierte sich zunächst für die byzantinische und mittelalterliche Kunst, weitete dann sein Forschungsgebiet aus und beschäftigte sich mit der Reformation sowie mit moderner, zeitgenössischer und nicht-westlicher Kunst.
In seinem Essay Das Ende der Kunstgeschichte (1983) konzentriert er sich auf das Schicksal einer Geschichte, die von der heutigen Kunst unablässig in eine abweichende Richtung fortgesetzt wird. In Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst (1990) untersucht Belting aufmerksam den Zeitraum, in dem die Kunst noch keine "Kunst" war. Er stellt die "Bilder" ihren Kontexten gegenüber, den Funktionen und den Bräuchen, von denen sie besetzt waren.
In Beltings Werk, das sich dem Verständnis der Bilder und ihrem Sinn widmet, konvergieren nicht nur Geschichte, sondern auch immer stärker Sozialanthropologie, Literaturkritik, Psychologie und Neurowissenschaften. In Karlsruhe rief er das interdisziplinäre Forschungsprojekt "Anthropologie des Bildes: Bild-Medien-Körper" ins Leben, und 2001 veröffentlichte er Bild-Anthropologie. Hier analysiert er ein umfassendes Muster von Bildern, welches sich auf einen ausgedehnten Zeit- und Kulturraum erstreckt. Er bestimmt die drei wesentlichen richtungsweisenden Parameter seiner Analyse - "Bild", "Medien" (die materiellen Träger der Bilder) und "Körper" - die so die Hauptachsen seiner Anthropologie bilden.
In Das echte Bild. Bildfragen als Glaubensfragen (Port. Übers. 2010) richtet er seinen Blick einerseits auf die Bedingung des Bildes in der heutigen Welt, andererseits auf das Mittelalter und die Reformation. In dieser doppelten Blickrichtung erscheint das historische Bild wie eine doppelte Kritik des imaginären Zeitgenössischen. Die zeitgenössische Bedingung des Bildes deckt ungeahnte, wenn auch verfremdete historische Wurzeln auf.
In seinem jüngsten Werk, Florenz und Bagdad (2010), stützt Belting sich auf die Erfindung des Grundparadigmas der modernen westlichen Vorstellung, die Perspektive. Er zeigt dabei den theoretischen, künstlerischen und ideologischen Kurzschluss auf, der die jüdisch-christliche Welt des Bildes mit der Welt der islamischen Kunst gleichzeitig vereint und trennt.
(JFF, MC, VS, rIHA)

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