Georges DIDI-HUBERMAN (geb. 1953)

Georges Didi-Huberman ist Philosoph und Kunsthistoriker. Er lehrt "Anthropologie des Visuellen" an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris.
In den letzten zwei Jahrzehnten führte er eine sorgfältige Revision der vasarianischen, neo-kantianischen und panofskianischen Grundsätze durch, mit denen die Kunstgeschichte für gewöhnlich arbeitet. In Werken wie Devant l'Image (1990), L'Image survivante (2002) oder Images malgré tout (2008; Port. Übers. 2012) unternimmt Didi Huberman eine interpretative Annäherung, die die problematische und widersprüchliche Komplexität des Bildes, sowie auch seine empathischen, ethischen und politischen Aspekte berücksichtigt, wobei er sich auf theoretische Bezüge wie Warburg, Benjamin, Freud, und Deleuze stützt.
Die weitreichende Aufstellung von theoretischen, künstlerischen und literarischen Bezügen (inbegriffen Baudelaire, Proust, Joyce, Bataille, Beckett) und der Aufbau des Verständnisses, welches von Didi-Huberman übernommen wurde (Geschichte, Psychologie, Philosophie, Phänomenologie, etc.), tragen zu der Vorstellung von einer historischen Zeit bei, welche charakterisiert ist durch Anachronismen, durch unreine dialektische Vergänglichkeiten, beladen mit Überbleibseln und Einbildungen. Dieser Zeitraum bildet das Korrelat des "Symptoms", oder in anderen Worten, das offene und "überdeterminierte" Symbol, über das Freud theoretisierte und welches von Didi-Huberman als Paradigma für Kunstforschung vorgeschlagen wird.
Er publizierte mehr als 30 Bücher über verschiedene Künstler und Autoren wie Fra Angelico, Botticelli, Marey, Brecht, Giacometti, Pasolini, Turrell, Harun Farocki, amerikanische Minimalisten (Judd, Morris, etc.), aber auch über Objekte und anthropologische Themen, Fotografie und Kino, sowie Theorie und methodische Fragen.
In Images malgré tout konzentriert er sich auf das "Unvorstellbare" der Shoah, die dazu tendiert, sowohl die vier fotografischen Bilder, die bis zur "Endlösung" überlebten, als auch die Vorstellungskraft derer, die in Konzentrationslager verschleppt wurden, zu verwischen, sogar die Filmproduktionen von Renoir, Lanzmann und Godard, um nur einige zu nennen.
Diesem "Unvorstellbaren" setzt Didi-Huberman - so knapp wie nötig - vehement den Wert der Bilder in der Geschichte und für die Bildung des historischen Wissens entgegen. Er unterscheidet dabei klar die Ähnlichkeit von der Scheinbarkeit und von der identifizierten Wahrnehmung, um die fetischistische Barriere zu brechen und um aufzuzeigen, wie das Bild es trotz allem vermag, das Reelle zu berühren.
(JFF, MPS, VS, rIHA)

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